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Victoria

Die Bürger-Auswandererfamilie und Gnadenthal, Victoria

Peter Bürger, der seine Familie nach Australien brachte, war am 1. Oktober 1795 im Dorf Meschwitz in der Oberlausitz, Königreich Sachsen geboren worden. Am 3. Mai 1831 heiratete er Agnes Schmidt. Die Bürgers konnten Deutsch sprechen, waren aber Mitglieder der sorbischen (slavischen) Minderheit, die immer noch in jenem Gebiet Deutschlands lebt. In der sorbischen Sprache lautet der Familienname Byrgar. Zu Hause sprachen die Sorben ihre eigene Sprache, in der Kirche und in der Öffentlichkeit aber Deutsch. Damals waren die wirtschaftlichen Zustände für Bauern in ihrer Gegend schlimm; Missernten verursachten großes Elend. In den späten 1840ern erlebten die deutschen Staaten politische Unbeständigkeit, verursacht durch die gescheiterten Revolutionen von 1848, und das machte einige Menschen ängstlich vor der Möglichkeit eines Krieges. Manche Leute konnten sich an Napoleons Armeen erinnern, als sie im Jahre 1811 durch die Region unterwegs nach Russland marschierten, und junge Männer aus der Gegend zwangsweise mitnahmen.

Foto: A. Bürger
Agnes Bürger
Foto: P. Bürger
Peter Bürger

Frühere Auswanderer hatten Fluss- und Kanalkähne benutzt, um von den östlichen deutschen Staaten zu den Häfen von Hamburg, Bremen und Bremerhaven zu kommen, aber Peter Bürger und seine Familie konnten die Eisenbahnen benutzen, die man vor kurzer Zeit fertiggestellt hatte. Ihr Schiff Helene, auf ihrer Jungfernfahrt, passierte am 4. September 1851 endlich Cuxhaven und segelte hinaus auf das offene Meer. Mit Peter und Agnes waren ihre Kinder Johann, Magdalene und Andreas, und sie erreichten am 24. Dezember 1851 Port Adelaide. Von den 128 Auswanderern auf der Helene waren 98 Sorben, einschließlich der Mirtschin-Familie, die sich später auch in Gnadenthal (Victoria) ansiedelten. Peter Bürger war bei der Ankunft 56 Jahre alt, und wurde bald naturalisiert, so dass er in Rosenthal, Südaustralien (heute Rosedale) Land kaufen konnte. Da nicht viel Land zum Kauf verfügbar war, entschlossen sich Peter und andere, nach dem Südwesten von Victoria zu ziehen; einige deutschen Einwanderer hatten positiv über diese Gegend berichtet. Peter verkaufte sein Land, kaufte einen Wagen, und die Gruppe von 11 Wagen (einige wurden von Pferden gezogen, einige von Ochsen) reiste am 4. April 1852 ab. Die schwierige Reise nach Portland über rauhe Wege und über Flüsse dauerte mehr als sechs Wochen. Sie hielten gut zusammen und beteten täglich gemeinsam.

Zuerst waren sie in Portland enttäuscht, weil sie ein paar Mal ohne Erfolg versuchten, Land zu kaufen, aber schließlich kauften sie Land in der Nähe von Mt Rouse. Sie benannten ihre Ansiedlung Gnadenthal und setzten ein Grundstück für einen Friedhof beiseite. Sie transportierten oft ihre landwirtschaftlichen Produkte mit dem Wagen zu den Goldfeldern von Ballarat, wo die Preise höher waren.

Zwei kleine Bauernhäuser, die die Familie Bürger 1853 baute, als sie sich in Gnadenthal niederließen, stehen noch heute. Es handelt sich um eine besondere Art von Fachwerkhäusern aus einem Holzrahmen und Lehmfüllungen. Diese zwei Gebäude sind historisch bedeutend, weil Teile von den Wänden und den Decken mit der seltenen, sogenannten Lehmwickel-Technik gebaut sind. Man hat diese Bautechnik in deutschen Ansiedlungen in Ungarn, Nordamerika und Australien gefunden. Im Artikel The Lost Art of Earth Winding beschreibt Miles Lewis die Technik:

Lehmwickel is used in the ceiling of the Bürger cottage, and the internal partitions of the stable. It seems that straw has been laid out flat with the stalks parallel, and a mud slurry poured on to it, or else that the straw has been combed through a container full of slurry, and (in either case) the layer of muddy straw has been rolled up onto the wooden stake like a roller blind. The stakes are of roughly split timber about a metre long, 20 to 30 mm thick and 60 to 80 mm wide, with pointed ends which protrude from the end of the mud cylinder, the overall diameter of which is about 100 mm. The cylinders were then placed horizontally between the ceiling joists, or vertically in a row in the panels of the timber frame, with the pointed ends resting in holes prepared for them. As they were put in place while the mud was still soft, they fitted together snugly. In the case of the ceiling there seems to have been a calico lining below them, suggesting that their function was simply that of insulation.

(Foto © D. Nutting) Haus
Bürger-Haus, 1853
(Foto © D. Nutting) Detail einer Wand
Lehmwickel-Wand

(Foto © D. Nutting) Friedhof-Schild

(Foto © D. Nutting) Grabstein
Grabstein von Peter und Agnes Bürger,
auf dem Friedhof von Gnadenthal
(Foto © D. Nutting) Grabstein
Grabstein von Andreas und Johanne Mirtschin,
auf dem Friedhof von Gnadenthal
- Andreas war Sohn des zweiten
Siedlers in Gnadenthal.

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German Australia © D. Nutting 2001