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Der Erste Weltkrieg

Die Wirkung des Ersten Weltkriegs auf die Deutsch-Australier

Preußen/Deutschland gewann den Deutsch-Französischen Krieg 1870-71, und Deutschland wurde eine neue Großmacht in Europa. Es gab ein neues deutsches Nationalgefühl auch in Australien. Die zwei Ortsnamen 'Sedan' (eine Schlacht im Deutsch-Französischen Krieg - deutscher Sieg) und 'Bismarck' (Reichskanzler in Deutschland - großer Politiker) in Australien stammten aus diesen Jahren. Vor allem der deutsche Flottenbau weckte Argwohn und Misstrauen in Australien wie in England. 1899 gab es einen „Deutschen Flottenverein“ in Brisbane! Einige Leute meinten, dass deutsche Agenten hinter allen Problemen im britischen Weltreich steckten: Aufstände in Indien, Bürgerkrieg in Persien, Unruhen in Ägypten.

(Foto © D. Nutting) Kriegerdenkmal, TanundaDie Bevölkerungszahl Australiens im Jahre 1911 betrug 4.455.005. In Australien lebten im Jahre 1914 etwa 100.000 Deutsche. Der Weltkrieg war eine sehr schwierige Zeit für die Deutsch-Australier. Vor dem Krieg waren sie sehr respektiert. Zwischen 1839 und 1914 leisteten die Deutsch-Australier einen großen Beitrag zur Entwicklung Australiens, besonders zu der in Südaustralien (im Jahre 1900 waren fast 10% der südaustralischen Bevölkerung Deutsch-Australier). Dann war Deutschland plötzlich der Feind im Weltkrieg, und mit der anti-deutschen Stimung vergaßen viele Britisch-Australier diesen großen deutschen Beitrag, und dachten, dass die Deutschen in Australien den deutschen Kaiser voll unterstützen würden. Die Deutsch-Australier waren stolz auf ihre deutsche Kultur, aber sie blieben politisch mit wenigen Ausnahmen Australien treu. Es war für die meisten Britisch-Australier schwierig, diese Unterscheidung zu verstehen. Viele Deutsch-Australier waren in der australischen Armee, und kämpften und starben für Australien. Auf dem Kriegerdenkmal in den öffentlichen Anlagen von Tanunda (Barossa-Tal) stehen die Namen von acht Kriegsgefallenen. Sechs davon sind deutsche Namen.

Man kann es als eine gewisse Ironie des Schicksals ansehen, dass General John Monash Australiens berühmtester Befehlshaber im Ersten Weltkrieg war, und dass er bei seinen Soldaten populär war. Er war der Sohn von deutsch-jüdischen Einwanderern (ursprünglicher Familienname Monasch), und er schrieb Briefe an seinen Vater Louis auf Deutsch. Er hatte auch am deutschen Vereinsleben in Melbourne teilgenommen. Seine Eltern nannten 1871 ihr erstes Haus in Richmond „Germania“. Australiens legendärer Militär-Taktiker wurde zum Heerführer des Australian Corps ernannt, das 1918 durch die Zusammenlegung aller fünf australischen Heeresdivisionen in Frankreich geschaffen wurde. (Lies die Meinung des britischen Generals Montgomery über Monash.)

Einzelne Fälle

Abgesehen von den australischen Ureinwohnern, waren die Deutsch-Australier vielleicht Australiens erste Patrioten. Schon im Jahre 1855 sagte ein Mr Kramer bei einer Versammlung in Lobethal in Südaustralien:

„There should be no Englishmen, Irishmen, nor Germans, but all South Australians.“

Die Deutsch-Australier beschrieben sich als Australier in einer Zeit, wo andere Leute in Australien sich als Mitglieder im Britischen Reich beschrieben haben. Im Jahre 1914 identifizierten sich die meisten weißen Australier mit „Mother England.“ In ihrem Buch The Anzacs schrieb die australische Autorin Patsy Adam-Smith:

"The people didn't know what to do", my father answered when, as a child, I questioned him about the ill-treatment of a German in his town. "We hadn't had a war before this."

Punkt Einige Deutsch-Australier, deren Familien schon seit drei Generationen in Australien lebten, wurden interniert. Die Arbeitssituation wurde für Deutsch-Australier schwierig, und als Folge sind einige freiwillig in die Internierungslager gegangen. Einige britischstämmige Australier wollten nicht mehr gemeinsam mit „Deutschen“ arbeiten, und es wurde schwieriger für Deutsch-Australier, Arbeit zu finden. Hermann Homburg, der Justiz-Minister von Südaustralien, musste seine Stelle aufgeben. Er war in Südaustralien geboren, und war nie im Leben außerhalb von Südaustralien gewesen.

Foto: Broken Hill
Das Gebäude des Deutschen Vereins in Broken Hill, NSW, wurde im Januar 1915 angegriffen.
Es war seit Kriegsausbruch unbesetzt gewesen.
(Broken Hill Historical Society)

Punkt Der Bürgermeister von Rainbow in der Mallee-Region von Victoria durfte nicht mehr Bürgermeister sein, nur weil er Deutsch-Australier war.

Punkt Deutsche Schulen mussten schließen. Die deutsche Sprache war in staatlichen Schulen verboten. Der Minister-Präsident von Südaustralien sagte, dass das Kultus-Ministerium niemanden beschäftigen darf, der deutschen Hintergrund oder einen deutschen Namen hat. Die meisten Leute waren gegen die deutsche Sprache, aber der Erziehungsminister in New South Wales, Arthur Griffith, sagte am 29. Juni 1915 im NSW-Parliament:

„I might remark that we are at war with the German nation; we are not at war with German literature.“

In Südaustralien mussten im Jahre 1917 alle 49 lutherischen Schulen schließen. Nach den Winter-Ferien wurden viele dieser Schulen wieder geöffnet, als staatliche Schulen in denselben Gebäuden, mit neuen Lehrern. Die Regierung mietete die Gebäude von den Gemeinden. Diese Änderung war besonders für die kleinen Schulkinder ein traumatisches Erlebnis, da sie nicht verstehen konnten, warum die Regierung das getan hatte. Die Schüler bekamen dann keinen Deutsch- und Religionsunterricht mehr.

Punkt Viele Australier haben alle Kriegspropaganda-Lügen über Deutsch-Australier geglaubt. Einige Deutsch-Australier mussten in Internierungslager gehen, nur weil ein Australier (vielleicht auch ein Geschäftsrivale) gesagt hat, dass der Deutsch-Australier etwas gegen England gesagt hatte, auch wenn das nicht stimmte.

Die nationalistische Leidenschaft half, den Verkauf von australischem Lagerbier zu steigern, während nun weniger importierte deutsche Biere gekauft wurden, die bis dahin einen guten Ruf genossen hatten. Die Australian Brewer’s Journal schrieb:

Die teutonischen Biersorten, die vom Feind hierher exportiert worden sind, sind tabu. Unsere Lagerbiere sind genauso gut, wenn nicht besser als ihre Modesorten.

Punkt Die 'Upwey Progress Association' (östlich von Melbourne) wollte im Jahre 1916, dass der Bürgermeister eine Straßenlampe entfernt, weil die Worte „Made in Germany“ auf der Lampe standen.

Punkt Der St. Kilda Football Club in Melbourne änderte für ein paar Jahre seine Trikot-Farben. Die St. Kilda-Farben schwarz-weiß-rot waren dieselben Farben wie auf der deutschen Reichsflagge (siehe die Website Flags of the World). Das neue St. Kilda-Trikot im Jahre 1915 hatte die Farben schwarz-rot-gold der belgischen Nationalflagge. Heute sind die Farben von St. Kilda wieder schwarz-weiß-rot.

Punkt Matilda Rockstroh, eine Postbeamtin am Postamt innerhalb des Bahnhofes von St Kilda in Melbourne, in Australien geboren und seit 37 Jahren im öffentlichen Dienst und ohne Beweis von Untreue, musste ihre Stelle wegen ihrer deutschen Abstammung aufgeben (sie durfte keinen Kontakt mehr mit den Kunden haben).

Punkt Edmund Resch, der Gründer von Resch's Beer in Sydney, musste in das Internierungslager gehen. Er hatte 50 Jahre lang in Australien gelebt.

Punkt Regierungen in Australien haben sehr viele deutsche Ortsnamen geändert, obwohl diese deutschen Namen von ‚Pionieren‘ stammten. In Südaustralien änderte die Regierung 69 Ortsnamen und Landschaftsnamen. Siehe eine Liste deutscher Ortsnamen in Südaustralien.

Es ist interessant, dass Adelaide, der Name der Hauptstadt Südaustraliens, ursprünglich deutsch ist. Lies die Geschichte des Namens Adelheid/Adelaide. Die Regierung von Südaustralien hat diesen Stadtnamen deutschen Ursprungs aber nicht geändert.

Photo: Ortsschild (copyright: D Nutting)

Ortschild in Cambrai, eines Dorfes östlich des Tals Eden Valley und 9 km südlich des Ortes Sedan in Südaustralien. Der ursprüngliche Name des Ortes war Rhine Villa. Der neue Name Cambrai erinnerte an eine Schlacht im Jahre 1917 während des Ersten Weltkrieges in Frankreich.

Punkt Viele Deutsch-Australier änderten ihren Namen. Paul Schubert, Lehrer in der Sturt Primary School in Adelaide, musste seinen Namen ändern, um seinen Job zu behalten. Im Jahre 1916 wurde er zu Paul Stuart.

Selbst die britische königliche Familie änderte ihren Namen. Durch die Ehe von Queen Victoria (1819-1901) mit einem deutschen Prinzen hatte die britische königliche Familie 1840 einen deutschen Familiennamen bekommen. 1917 änderte König George V. den Familiennamen. Nicht mehr Sachsen-Coburg-Gotha; neuer Familienname war Windsor. Victorias Cousin wandelte seinen Familiennamen von Battenberg in Mountbatten um. Mountbatten klang englischer.

Image: Zeitungsartikel
„Sydney Mirror“, 17. Juni 1916
(aus: Leske, „For Faith and Freedom“)

Vorurteile gegen die deutsche Sprache existierten nicht nur in Australien. In den USA bekam ‚sauerkraut‘ den neuen Namen ‚liberty cabbage‘ und ‚hamburgers‘ bekamen den neuen Namen ‚salisbury steaks‘ (benannt nach dem Arzt Dr. J.H. Salisbury: er empfahl, dreimal täglich eine solche Boulette zu essen). Manchmal setzten diese neuen Namen sich nicht durch.

Nach einer Änderung zur Gesetzgebung „Aliens Restriction Order“ vom 28. Juli 1915 war es für Ausländer und naturalisierte Staatsbürger verboten, ihren Namen oder ihren Geschäftsnamen zu ändern.

Während des Krieges versuchte die australische Bundesregierung, die allgemeine Wehrpflicht einzuführen. Im Oktober 1916 verwarfen die Australier die Wehrpflicht beim ersten „Conscription Referendum“ (Volksentscheid über die Wehrpflicht). „Patrioten“ machten die Katholiken und die Deutsch-Australier für das Scheitern dieses Volksentscheides verantwortlich. Diese „Patrioten“ waren sicher, dass die Deutsch-Australier gegen die Wehrpflicht im Volksentscheid gestimmt hätten und dass die große Zahl der Deutsch-Australier das Scheitern der Abstimmung zur Folge hatte. 1917 verweigerte dann der Premierminister Billy Hughes den Deutsch-Australiern das Stimmrecht. Trotzdem scheiterte auch der zweite Volksentscheid über die Wehrpflicht (Dezember 1917). Die Verweigerung des Stimmrechts, dieses Zeichen des Zweifels an ihrer Loyalität, ärgerte Soldaten, die bei den australischen Streitkräften kämpften, und deren Eltern Deutsch-Australier waren. Du kannst hier lesen, was ein Soldat darüber schrieb.

In The Australian People and the Great War schrieb Michael McKernan im Jahre 1984, dass bis 1914 die Deutsch-Australier „bewundert und respektiert wurden. Aber die Australier, vom Krieg emotionell so stark beansprucht, brauchten einen Krieg in ihrer eignen Nähe erzeugen, damit ihr Stricken und ihr Geldsammeln nicht ihre einzige Kriegserfahrung blieben. Die Deutsch-Australier wurden die Sündenböcke für Australiens fanatische, und (einigermaßen) naive Kriegsbegeisterung.“

Jürgen Tampke von der University of New South Wales und Colin Doxford schrieben 1990 im Buch Australia, Willkommen, dass Beobachter im deutschen Außenministerium in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg überzeugt waren, dass der Hass gegen die Deutschen in Australien stärker war als in allen anderen Teilen des britischen Empires. Sie fragten sich, warum das der Fall war und vermuteten, dass die Antwort mit Australiens geographischer und kultureller Isolation von Europa verbunden war. Man glaubte, dass die Europäer (da sie seit Jahrhunderten an Krieg gewohnt waren) zu der Erkenntnis gezwungen wurden, über die Narben des Krieges hinwegkommen zu müssen. (S. 205)

Siehe auch: Treatment of Germans in South Australia in WW1 (Flinders Ranges Research, in englischer Sprache)

Referenzen:
Bennett, Robin. Public Attitudes and Official Policy towards Germans in Queensland in World War 1. Honours Thesis, University of Queensland 1970.
Harmstorf, Ian. Insights into South Australian History, vol. 2, South Australia’s German History and Heritage. Historical Society of South Australia Inc. 1994.
McKernan, Michael. „Manufacturing the war: 'enemy subjects' in Australia“. Kapitel 7 in The Australian People and the Great War. Sydney: Collins, 1984.
Tampke, Jürgen and Doxford, Colin. Australia, Willkommen. New South Wales University Press 1990.
Voigt, Johannes H.  Australia-Germany. Two Hundred Years of Contacts, Relations and Connections. Inter Nationes. Bonn 1987.

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