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Burke & Wills

Die deutsche Beteiligung an der Expedition

Image: Aquarell
Beckers Aquarell „Crossing the Terrick-Terrick Plains“, 1860.
La Trobe Australian Manuscripts Collection, State Library of Victoria

Das Bild oben, mit Blick Richtung Süden, zeigt die Expedition, wie sie am 29. August 1860 die Terrick-Terrick-Ebene nördlich von Bendigo überquerte. Terrick-Terrick war der Name einer Farm in der Nähe des heutigen Ortes Mitiamo. Im Bild besteht die Gruppe aus zwei Linien, um die Kamele und die Pferde auseinander zu halten, Burkes weißes Pferd ist in der Mitte, und Becker selbst sitzt auf dem zweiten Kamel.

Das Komitee für die Erforschung des Landes der Königlichen Wissenschaftsgesellschaft von Victoria (Royal Society of Victoria's Exploration Committee) organisierte die Expedition, die die erste Durchquerung des australischen Kontinents von Süden nach Norden machen sollte. Ferdinand von Mueller war Mitglied des Komitees und war gegen die Ernennung von Robert O'Hara Burke zum Expeditionsleiter, und wollte gerne den erfahrenen südaustralischen Forschungsreisenden Peter Warburton als Leiter anwerben, aber Warburton lehnte ab. Georg Neumayer, ein anderer einflussreicher Deutscher im Komitee, war jedoch für die Ernennung Burkes.

Foto: von TempskyEiner der 15 Bewerber um die Stelle des Expeditionsleiters war Gustavus Ferdinand von Tempsky, ein Preuße, der 1828 in Braunsberg geboren war. Er behauptete in seiner Bewerbung, dass er 13 Jahre Erfahrung mit allen Reise-Mitteln hätte, „on foot, on horseback, with waggons, in canoes, at sea or on rivers“. Er hätte gegen „Indians, Blacks, White and Redskins“ gekämpft, und hätte die notwendigen Führungsqualitäten entwickelt (for commanding men and keeping them in good order). Er hatte seine Erziehung in einer Militärakademie in Berlin erhalten, und mit 18 wurde er Leiter einer Expedition, die eine deutsche Kolonie an der Moskito-Küste von Nicaragua etablieren sollte. Während der späten 40er und 50er Jahre des 19. Jahrhunderts führte er ein abenteurliches Leben in Mittelamerika und auf den Goldfeldern Kaliforniens. Foto rechts: Gustavus Ferdinand von Tempsky, 1858. (Alexander Turnbull Library, National Library of New Zealand, Te Puna Matauranga o Aotearoa.)

1858 reiste von Tempsky nach Victoria und zog nach Bendigo, aber er hatte kein Glück - die Tage des oberflächlichen alluvialen Goldes, das leicht zu finden war, waren vorbei. Er war fast mittellos, und obwohl er ein begabter Künstler war, verdiente er wenig Geld mit seinen Miniatur-Portraits in Bendigo und in der Umgebung. Von Tempsky wollte sehr gerne die Victorian Exploring Expedition leiten und viele Mitglieder des Komitees für Landesforschung waren von ihm beeindruckt. In der letzten Runde des Verfahrens, einen Leiter zu wählen, war die Wahl zwischen von Tempsky und Burke. Burke hatte den Vorteil, dass er die Unterstützung von J.V.A. Bruce hatte, einem reichen Unternehmer in Victoria und Mitglied der Royal Society, der es gewohnt war, alles zu bekommen, was er wollte. Hinter den Kulissen führte er viele informelle Gespräche, um Stimmen für Burke zu gewinnen. Obwohl ab dem späten 18. Jahrhundert britische Expeditionen in Australien, Afrika und Südamerika oft deutsche Mitglieder (besonders Wissenschaftler) im Team hatten, war es für das Exploration Committee wahrscheinlich zu mutig, einen Ausländer statt eines Victoria-Kolonisten als Leiter der ersten großen Expedition zu ernennen, die die Kolonie aufstellte. Das Komitee verlor Interesse an von Tempsky, nachdem Burke ernannt wurde. Er nahm an der Expedition nicht teil. Er zog nach Neuseeland, als dort Gold entdeckt wurde und starb in den Maori-Kriegen als Kommandant einer Guerrilla-Einheit der Regierung. Eine Straße in der Stadt Hamilton (Nord-Insel) ist nach ihm benannt.
Mehr über von Tempsky (Volker Grunerts Seiten)...

Hermann Püttmann, Redakteur der Melbourner Deutsche Zeitung, glaubte, dass die Expedition keinen Erfolg haben würde, da Burke weder von Naturwissenschaften noch vom australischen Outback etwas verstand.

Der Direktor des Melbourner Observatoriums, Georg Neumayer, hatte beträchtlichen Einfluss im Exploration Committee. So verwundert es nicht, dass William Wills, der für ihn am Observatorium arbeitete und sein Freund war, keine Schwierigkeiten hatte, einen Platz im Expeditionsteam zu bekommen.

Hermann Beckler, der Arzt und Botanische Sammler für die Expedition, war 1828 in Höchstädt an der Donau, in Bayern geboren worden. Nachdem er sein Medizinstudium in München abgeschlossen hatte, segelte er auf der Johann Cesar Godeffroy nach Moreton Bay (heute Brisbane), wo das Schiff am 2. Februar 1856 ankam. Er hatte nicht das Geld, um die nötige Arzt-Lizenz für Neu-Süd-Wales und ärztliche Ausrüstung zu kaufen, und bald verlor er Interesse daran, als Arzt zu arbeiten, und seine neue Leidenschaft war es, neue botanische Arten und Proben zu sammeln. Damals war die Botanik die „Königin“ der Wissenschaften. Dadurch kam er schließlich in Kontakt mit dem Leiter des Melbourner Botanischen Gartens Ferdinand von Mueller in Melbourne. Im Januar 1859 zog er nach Melbourne, arbeitete mit Mueller, und ging mit ihm auf Reisen im Südosten Australiens, bei denen sie Pflanzenexemplare sammelten. Mindestens 13 Pflanzenarten sind nach Beckler benannt. Manchmal hatte er den Wunsch, Australien zu verlassen und im Pazifik zu reisen, aber er besann sich anders, und seine ärztliche Kenntnisse waren genauso wichtig wie seine botanischen Kenntisse, als er einen Platz im Expeditionsteam von Burke & Wills erhielt, sowie die wichtige Tatsache, dass Neumayer ihn Burke vorschlug.

Image: W. BraheWilhelm Brahe (siehe Bild rechts) kam 1852 in Victoria an und arbeitete hauptsächlich als Goldgräber, Fuhrunternehmer und Viehtreiber. Er wurde zur Expedition vorwiegend durch den Einfluss von Georg Neumayer ernannt, der Brahes Bruder gut kannte. Wilhelm Alexander Brahe war Rechtsanwalt für die deutsche Gemeinde in Melbourne und ein Mitbegründer des Deutschen Vereins.

Am Samstag, den 18. August besuchten Robert O'Hara Burke und andere Britisch-Australier, die eine Rolle bei der Aufstellung der Expedition gespielt hatten, eine Abschiedsparty, die Melbournes Deutscher Verein veranstaltete. Diese Abschiedsparty feierte den deutschen Beitrag zur Forschung von Australien, die deutschen Mitglieder in Burkes Team, sowie die Rolle, die der Deutsche Verein bei der Aufstellung der Expedition gespielt hatte. Viele Reden wurden gehalten, und Georg von Neumayer brachte den ersten Toast auf Burke aus. Burke hielt seine Antwortrede auf Deutsch. Der Landschaftsmaler Eugène von Guérard brachte einen Toast auf „the Unity of Action of Germany and England“ aus („auf die Einheit im Handeln von Deutschland und England“). Vielleicht hat der Alkohol an diesem Abend auch eine Rolle gespielt.

Ludwig Becker war das einzige Mitglied der Royal Society, das im Expeditionsteam war. Er hatte einen festen Ruf in Melbourne als Künstler und als Wissenschaftler. 26 wissenschaftliche Artikel hat er in Deutschland, London, Hobart und Melbourne veröffentlicht, über Themen aus so unterschiedlichen Bereichen wie die Ornithologie, Zoologie, Astronomie, Mineralogie und Geologie. Beckers größter Rivale um einen Platz im Expeditionsteam war ein anderer Deutscher, Gerhard Krefft, der viel jünger war und schon Erfahrung in Forschungsreisen hatte. Er war besonders als Schlangenexperte bekannt. Krefft zog seine Bewerbung zurück, als er die Stelle als Assistant Curator am Australian Museum in Sydney erhielt. Im Jahre 1860 war Becker schon 52, aber er hatte Ferdinand von Mueller und Georg Neumayer auf Reisen in Victoria begleitet. Von Mueller und Neumayer unterstützten Beckers Bewerbung für die Expedition. Robert Burke wollte Becker bei der Expedition nicht haben, aber Becker hatte starke Befürworter, einschließlich des Gouverneurs von Victoria, Sir Henry Barkly. Burke glaubte, dass die Reise zum Golf von Carpentaria leicht erscheinen würde, wenn ein 52-Jähriger sie schaffte. Burke gab Becker deshalb harte körperliche Arbeit, in der Hoffnung, dass Becker kündigen würde. Dies war unfair, da Becker als Wissenschaftlicher Berater der Expedition ernannt wurde. Becker hat es trotzdem geschafft, die Zeit und die Energie aufzubringen, viele schöne Kunstwerke während der Abende vor seinem Tod bei Bulloo fertigzustellen. Er verstarb an den Strapazen der Expedition, an Dysenterie und an Skorbut.

Image: Ratte
A Long-Haired or Plague Rat“ (Eine langhaarige oder Wanderratte), Ludwig Becker 1861, Aquarell.
La Trobe Australian Manuscripts Collection, State Library of Victoria
Es gab im Sommer 1860-61 Massen von diesen Ratten in Zentral-Australien.

Früh im Oktober 1860 trat Beckler (sowie der Kamelexperte George Landells) von der Expedition zurück, als sie Menindie erreichte. Beckler war zum Schluss gekommen, dass die Expedition scheitern würde und befürchtete das Schlimmste. Er dachte auch, dass ohne Landells, der mit Burke nicht auskam, die Expedition die Kamele nicht richtig nutzen könnte. Beckler hatte seinen Glauben an Burkes Führungsfähigkeiten verloren. Er hatte wenig Gelegenheit für das botanische Sammeln bekommen. Seiner Meinung nach vergaß Burke den wissenschaftlichen Nutzen der Expedition, der für Beckler das Hauptinteresse war. Becklers Rücktritt verursachte Kritik an ihm in Melbourne, Kritik, die ihn beschuldigte, schwach zu sein, und die andeutete, dass seine Karriere als Arzt durch seinen Rücktritt wohl ruiniert wäre. Dennoch gab es für ihn in der Presse auch Unterstützung, und Kommentatoren behaupteten, dass Beckler, ein erfahrener botanischer Sammler im Outback von Queensland und Neu-Süd-Wales, nicht ohne gute Gründe zurückgetreten wäre, und dass Becklers Rücktritt Zweifel an Burkes Führungsfähigkeiten wecken würden. Beckler war nicht sicher, was er als nächstes machen könnte, und glaubte, dass er in Victoria nicht beliebt wäre. In einem Brief an seinen Bruder Carl schrieb er, dass die schlimmste Art Leben in Australien immer noch besser als das Leben als Arzt in Bayern sei. Trotzdem kehrte er im Januar 1862 nach Deutschland zurück, wo er später als angesehener Arzt im abgelegenen Dorf Fischen in der Nähe von Bregenz im Allgäu arbeitete. Bis 1872 veröffentlichte er Artikel über Australien in renommierten deutschen Erdkunde-Zeitschriften. Beckler starb 1914.

Nach dem tragischen Ende der Expedition kritisierten viele Leute Wilhelm Brahe, weil er das Lager von Cooper's Creek verließ, bevor Burke, Wills und King dorthin zurückkehrten (zufälligerweise fuhr Brahe erst ein paar Stunden vor ihrer Ankunft ab). Als er sein Handeln vor der Presse und vor der Untersuchungskommission (Commission of Inquiry) erklärte und verteidigte, hatte er den Vorteil der Hilfe seines Bruders Alexander, des Anwalts. Er konnte klar machen, dass er bei Cooper's Creek fünf Wochen länger als Burkes Befehl gewartet hatte, und eine Woche länger als die Frist, um die Wills ihn gebeten hatte, und andere Überlebende der Expedition unterstützten ihn, und sagten, dass sie diese mündlichen Befehle von Burke gehört hätten. Brahe erhielt Unterstützung von den Melbourner deutschsprachigen Zeitungen Melbourner Deutsche Zeitung und Germania. Diese Zeitungen schrieben, dass die englischen Kritiker die ganze Schuld den unschuldigen Deutschen geben wollten, damit die Expedition wie ein britischer Triumph scheine.

Das Exploration Committee beschloss, nur die Leichen von Burke und Wills nach Melbourne zurückzubringen, und die Leichen der anderen toten Expeditionsmitglieder dort zu belassen, wo sie beerdigt waren. Während der Debatte vor dieser Abstimmung sagte Komitee-Mitglied Francis Cadell, dass er dachte, dass man auch Beckers Leiche nach Melbourne bringen sollte, weil er Mitglied der Royal Society war, und dass dies ein Kompliment gegenüber seinen Wissenschaftlerfreunden in Deutschland und gegenüber seinen vielen deutschen Landsleuten in Victoria wäre. Deutsche in Ballarat drohten damit, eine Sonderexpedition hinauszuschicken, um Beckers Leiche zurückzubringen.
Image: Zeitungsartikel
„Ballarat Star“, 17/12/1861

 

(Foto © D. Nutting) Denkmal
Castlemaine-Denkmal
Castlemaine errichtete Victorias erstes Denkmal für Burke und Wills, einen Obelisk auf einem kleinen Hügel im Städtchen. Die große Prozession (mehr als 2000 Teilnehmer), die am 1. Juli 1862 zum Hügel für die feierliche Einweihung des Denkmals marschierte, schloss den Deutschen Verein von Castlemaine ein, obwohl die Deutschen unglücklich darüber waren, dass Beckers Name auf dem Denkmal neben den Namen von Burke, Wills, Gray und King nicht stehen würde. Der Präsident des Vereins, Theodor Mueller, prophezeite, dass, wenn Becker in der Walhalla ankommt, er dort dem anderen „wahren, mutigen Deutschen“, Ludwig Leichhardt, begegnen würde. Er sagte auch, dass das Vaterland und Deutsche in Australien die Erinnerung an Becker immer schätzen würden.

Ballarat errichtete einen Denkmalbrunnen, um die toten Landesforscher zu ehren. Nach einigen Verzögerungen wurde er 1867 fertiggebaut. Anders als die anderen großen Denkmäler in Victoria, trägt der Brunnen in Ballarat den Namen von Ludwig Becker.

(Foto © D. Nutting) Brunnen
Brunnendenkmal, Ballarat
(Foto © D. Nutting) Inschrift
Inschrift am Brunnen

Gedenkstein
Tafel am Gedenkstein, im Jahre 1983 am Koorliatto Waterhole am Bulloo River errichtet,
13km südlich von Cooper Creek. Becker, Purcell und Stone verstarben innerhalb weniger Tage.
Foto freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Dave Phoenix.
Siehe ein Foto der Lage des Gedenksteins auf der burkeandwills.net.au Website.

Berichte über die Expedition erschienen auch in Deutschland. Carl Eduard Meinicke (der ein ausführliches Buch über Australien geschrieben hatte, das im Jahre 1837 erschienen war) schrieb einen 26 Seiten langen Artikel mit dem Titel „Burke's Reise durch das centrale Australien“; er veröffentlichte ihn 1862 in Berlin in der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde.

Zusammengefasst aus:
Bonyhady, Tim. 1991. Burke and Wills: from Melbourne to Myth. David Ell Press, Balmain NSW.
Tipping, Marjorie. 1979. Ludwig Becker - Artist and Naturalist with the Burke & Wills Expedition. Melbourne University Press, Carlton (Victoria).

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