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Deutsche Einwanderung in Australien - Materialien für Schüler/Studenten

1854 - HANS FRIEDRICH FRIEDRICHSEN

Bis 1866 gehörten die deutschsprachigen Gebiete Südschleswig und Holstein im Norden Deutschlands zum dänischen Königreich. Nach der misslungenen Schleswig-Holsteinischen Erhebung 1850 wanderten viele junge Männer aus Nordfriesland aus, um dem dänischen Militärdienst zu entgehen. Hans Friedrich Friedrichsen reiste am 10. Juni 1854 auf einem Segelschiff in 118 Tagen nach Australien. Dort war er 10 Jahre lang Goldgräber, bis er 1864 in seine Heimat zurückkehrte. Hier folgen Auszüge aus seinen Briefen an seine Eltern und seinen Bruder.

Auszüge aus Briefen
(Extracts from letters)

| Die Schiffsreise | Über Melbourne | Auf den Goldfeldern | Alltagsleben des „Diggers“ |


Melbourne den 26. Dezember 1854

Lieber Bruder

lch werde Euch hier in kurzem meine Seereise zuerst mitteilen. Wir verließen am 10. Juni (1854) Hamburg. Da wir aber Gegenwind hatten, so mussten wir mit einem Dampfer heraus gebracht werden bis Glückstadt.

Am 3. Tag kamen wir in die Nordsee. Auch hier hatten wir viel Gegenwind und so brachten wir 9 Tage zu, ehe wir den englischen Canal erreichten. Am 19. morgens hatten wir das Vergnügen, die Städte Calais an der französischen und Dover an der englischen Küste zu sehen. Den Canal mussten wir fast ganz durchkreuzen. Endlich erhob sich der Wind zu einem Sturm und brachte uns aus dem Canal in das Atlantische Meer. Der Wind wurde immer heftiger und die Wellen immer höher und so stellte sich die Seekrankheit denn auch mit allermacht ein, denn das starke Schaukeln konnten wenige vertragen. lch hielt mich aber immer tapfer und bin Gottlob auf der ganzen Reise von dieser sowie von allem anderen verschont geblieben. Man musste sich aber festhalten, um nicht von der einen bis zur anderen Seite geschleudert zu werden. Dieser Sturm währte 3 Tage, nach dem hatten wir ziemlich guten Wind und so erreichten wir am 25. Juli den Äquator oder die Sonnenlinie. Am 24. abends setzten die Matrosen eine brennende Teertonne über Bord, welches Neptuns Boot bedeutet und zum Zeichen, dass am nächst kommenden Tag das Fest des Neptuns gefeiert werden sollte. Viele von den Passagieren erschraken, in dem sie meinten, das Schiff wäre in Brand. Am 25. morgens erblickten wir die Matrosen in sonderbaren Kostüms. Sie hatten sich auch so maskiert, dass man fast nicht einen kennen konnte. Einer der Ältesten spielte Neptun und die anderen waren seine untertänigen Geister. Einer war seine Frau, einer Rechnungsführer, einer Barbier mit einem Gehülfen, die anderen waren Polizei- und Wachmannschaften. Es wurde dann ein Segel vorne auf dem Schiff ausgespannt und voll Wasser gepumpt, ein Bordbad. Und nun nahm das Spiel seinen Anfang und zuerst kamen die Matrosen, welche die Linie noch nicht passiert hatten. Sie mussten sich auf den Rand des Bades setzen. Dann wurden sie vom Barbier ganz eingeseift und barbiert mit einem hölzernen Messer, nachdem von 2 Mann rückwärts ins Bad gezogen und so lange untergehalten, wie sie es aushalten konnten.

Wir standen nun von ferne und sahen uns das Spiel mit an. Von den Matrosen ging es an die Kajütenpassagiere, dieses machte uns erst recht Spaß. Nun kam auch die Reihe an uns. Ein Jeder packte sich, denn wir hatten doch grade keine Lust zu diesem Bade. Dies half aber wenig, denn alles wurde von der Polizei aufgerufen. Man konnte sich mit Geld loskaufen, welches denn auch viele taten. Diese wurden bloß mit Wasser besprengt, welches aber bisweilen über einen Eimer voll ging. So hatten wir einige junge Mädchen an Bord. Diese wurden so stark besprengt, dass ihnen das Wasser an den Füßen herunter lief, Da wir ungefähr 300 Passagiere an Bord waren, so ging der ganze Tag damit hin.

Wir kreuzten ungefähr 8 Tage an der Linie herum, da war Windstille hatten, haben aber wenig von der großen Hitze gespürt, welche uns beschrieben wurde.

Wir brachten einen Monat zu, ehe wir die Höhe vom Cap der guten Hoffnung erreichten. Auf dieser Fahrt hatten wir das Vergnügen, Walfische zu sehen und so nahe, dass einer uns das Wasser auf das Vordeck sprützte. In der Gegend vom Cap hatten wir mehrere Stürme. Am 15. September sahen wir die Insel Amsterdam, 2700 Fuß über der Meeresfläche. Nachdem sahen wir kein Land bis am 4. Oktober des Abends um 11 Uhr der freudige Ruf „Land“ erscholl. Das war das Land, nach dem wir uns schon die ganze Reise gesehnt hatten. Die Mehrzahl lag im SchIummer, auch ich hatte mich zur Koje verfügt. Aber wie geschwind kamen wir heraus auf das Vordeck, um das neue Land zu sehen. Wir fuhren nahe der Küste entlang, so dass wir es deutlich im Mondschein sehen konnten. Am 5. bekamen war einen Lotsen an Bord, mussten aber noch des Abends vor Anker gehen, ehe wir den Port Philip erreichten. Am 6. gingen wir in Port Philip vor Anker. Wir konnten nun unser Schiff verlassen, welches war jedoch nicht wollten,denn wir hatten eine Klage gegen den Capitän wegen des Proviants. Es wurde uns nämlich im Contract versprochen, dass alles von bester Qualität sein sollte. Dieses war aber umgekehrt, denn es war fast alles von dem Schlechtesten.

Zucker wurde schon alle am 91. Tage unserer Reise und so auch der Sirup. Wir erwälten eine Comischon (Kommission) von 5 Mann, diese setzten die Klage auf und dann wurde sie vorgelesen. Nun konnte jeder unterschreiben, wer Lust hatte, und es kamen im ganzen 219 Unterschriften von erwachsenen Personen.

Unsere Comischon wurde für gemeinschaftliche Rechnung an Land gesetzt und die Klage ward dem Konsul übergeben. Da es sich aber nicht so geschwind beendigt werden konnte, so verließen wir am 8. das Schiff, indem wir uns mit einem Dampfschiff ans Land setzten. Wir verließen unser Schiff mit 5 Seelen weniger, als wir es betreten hatten, denn es waren 10 gestorben und 5 geboren. Ein Begräbnis auf der See ist sehr einfach. Zuerst wird der Körper in ein Segeltuch oder in seine eigene wollene Decke eingenäht, mit Steinkohlen oder Steinen zu Füßen. Dann legen sie ihn auf ein Brett und schieben ihn langsam über Bord.

(Text freundlicherweise von Magnus Feddersen in Schleswig-Holstein zur Verfügung gestellt. Hans Friedrich Friedrichsen war sein Urgroßvater.)

(Trennungslinie)

Schleswig-Holsteinischen Erhebung 1850: Auf dem Weg Deutschlands von einem feudalen zu einem bürgerlichen, demokratischen Staat gab es 1848 und in den folgenden Jahren viele erfolglose Erhebungen von demokratisch denkenden Leuten gegen die regierenden Fürsten. In Schleswig-Holstein war dies eine Erhebung gegen den dänischen König und ein Eintreten für den Anschluss an Deutschland. Aber auch in Deutschland waren die alten feudalen Herrscher nicht an einem demokratischen Deutschland interessiert und unterstützten die Schleswig-Holsteiner Demokraten nicht. 1851 war der alte Zustand der dänischen Herrschaft bis nach Altona - heute ein Stadtteil von Hamburg - wieder hergestellt. Seit dem Sieg von Preußen im Krieg mit Dänemark (1864) ist Schleswig-Holstein ein Teil von Deutschland. (Text von Dr Christof Arnold)


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