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Deutsche Einwanderung in Australien - Materialien für Schüler/Studenten
1849 - ERNST HEYNE
Ernst Heyne (1825-1881) bekam ein Diplom in Botanik von der Universität Leipzig. Er war sehr gut in Fremdsprachen und ein begabter Mathematiker. Heyne bekam eine Stelle in dem Königlichen Botanischen Garten von Dresden. Er wanderte aus und kam am 13. Februar 1849 in Melbourne an. Er war Sekretär von Ferdinand Mueller im Botanischen Garten und machte mit ihm viele botanische Expeditionen in Victoria. Heyne half Mueller bei der Klassifizierung von vielen Pflanzen in den 50er-Jahren des 19. Jahrhunderts. Im Januar 1869 zog er nach Adelaide und wurde dort in Gartenbaukreisen sehr bekannt.
Auszüge aus seinen Briefen aus Australia felix
(Extracts from his Briefe aus Australia felix)
Melbourne, den 8. März 1849
(in Dresden angekommen den 10. Septbr. 1849)
Am 2. Oktober 1848 morgens 4 Uhr wurde unser nach Australien bestimmtes Schiff
Godefroi durch ein Dampfschiff aus dem Hafen von Hamburg bugsiert.
Ein starker Ostwind trieb uns vorwärts, wurde jedoch immer stärker, bald zum
heftigsten Orkan.
Ein Bild von dem Sturme entwerfen zu wollen, wage ich nicht; ich sage nur, es
ist das furchtbar schönste Schauspiel, was man sich irgend denken kann, besonders
des Nachts. Die Häuser-hohen Wellen schienen sich und uns begraben zu wollen,
und mit Bangen sahen wir einen solchen Koloss auf uns sich heranwälzen.
Bald gewöhnte ich mich an das mich anfangs etwas ängstigende Schauspiel, bald
sogar ergötzte es mich, denn kaum gibt es wohl etwas Schöneres und Erhabeneres,
als einen Seesturm.
Schön ist der Anblick des Meeres, besonders bei Sturm, bei ruhigem Wetter zwar
etwas einförmig.
Ein mächtiger Wallfisch bläst eine Wasserdampfsäule, einer Fontaine gleich hoch,
in die Luft. Plötzlich kommt eine Schar Delphine (Springfische) in langem Zuge
gegen das Schiff, von Weitem bemerkt man sie, da sie sich von Zeit zu Zeit 3-4
Fuß hoch über das Meer schnellen.
Bald erreichten wir die warme Zone; das Wetter war sehr schön; besonders schön
die Nächte, wenn Mond und Sterne, unter ihnen das Kreuz (Südkreuz), so herrlich
funkelten, wie wir es in Deutschland nie sehen.
Der Aufenthalt im Zwischendeck eines deutschen Auswanderungsschiffes ist sehr
unangenehm, besonders für Frauen; ein Mann, besonders ein einzelner, kommt gut
und leicht durch, jedoch sollten alle einigermaßen gebildete Familien nicht
auf diesem Platze fahren, wo fast allen Gesetzen der Schicklichkeit Hohn gesprochen
wird. Männer und Frauen sind hier bunt durcheinander. Besser sind die englischen
Schiffe, wo das Zwischendeck in drei große Abteilungen geschieden ist, die eine
für Verheiratete und deren Kinder, die zweite für einzelne Frauen, die dritte
für Männer bestimmt.
(Melbourne)
Obgleich sowohl Engländer als die hier lebenden Deutschen die Ankommenden auf
das beste aufnahmen, ja der größte Teil bald nach der Ankunft gute oder leidliche
Stellen erhielt, so fanden sie, vorzüglich durch Nichtverstehen der englischen
Sprache, fremde Sitten, ungewohnte Arbeiten u.s.w. des Schweren so viel, dass
viele die schmerzlichste Täuschung empfanden.
Melbourne liegt am Flusse Yarra, ungefähr eine Stunde vom Ufer des Meeres entfernt.
Diesen Weg machten wir zu Fuß. Das Land bis zur Stadt ist eben, sandig und dünn
mit Eukalipten, Akazien, Bankseen u.s.w. bewachsen.
Man bekommt hier nicht nur notwendige Artikel, sondern auch Luxusgegenstände
jeder Art; manche Läden nehmen es an Eleganz mit denen in Dresden auf. Kaffee,
Zucker, sowie andere Kolonialwaren sind gut und billig, ebenso andere Lebensmittel.
Schuhwerk ist hier sehr teuer, auch wollene Kleidungsstücke; desto billiger
sind Sommerzeuge. Wohnungen sind sehr teuer. Es sind 120 Hotels und Wirtschaften
hier, in denen man recht gut isst.
Das hiesige Leben ist frei und ungebunden, doch vermisst man das in Deutschland
herrschende Gemütliche, denn alle Einwohner trachten, Geld zu verdienen, was
den meisten zu gelingen scheint. Die öffentliche Ruhe wird durch Konstabler
gehandhabt. Drei Zeitungen befördern die Tagesneuigkeiten, öffentlichen Ankundigungen,
langen Beschreibungen von Mittagsessen großer Herren, sehr beißende Kritiken
derselben, eine Unmasse schlechter Anekdoten, aber wenig oder keine Politik.
Der größte Nachteil für alle Hierherkommenden ist Unkenntnis der englischen
Sprache; niemand sollte die Reise unternehmen, bevor er soviel Englisch weiß,
um sich wenigstens verständlich zu machen. Mehrere mit uns gekommene Kaufleute
und einige Handwerker wurden genötigt, als Schäfer in den Busch zu gehen, oder
in den um die Stadt liegenden großartigen Talgsiedereien zu arbeiten, wo in
jeder derselben täglich 150-200 Schafe geschlachtet und eingekocht werden. Ich
bin überzeugt, hätten diese Deutschen Englisch gesprochen, so hätte der größere
Teil derselben, die Kaufleute ausgenommen, Anstellung in ihrem Beruf gefunden.
* * * * *
Melbourne, den 14. Juli 1849
(nach Dresden gekommen den 5. Januar 1850)
Ich gebe bloß meine Ansichten; mir gefällt es hier, Anderen nicht. Wer arbeiten
kann und will, frei von überspannten Ideen und Anforderungen ist, kennt keine
Sorgen im europäischen Sinne.
Wer Arbeit nicht scheut, selbst schwere, ungewohnte Arbeit nicht, wird sich
nicht nur seinen Lebensunterhalt erwerben, sondern außerdem noch einiges Geld
erübrigen, so dass er je nach Umständen, oft sehr bald sich eine selbstständige,
unabhängige Stellung gründen kann.
Wer nur Freude an Gesellschaften, Theater, Konzerten u.s.w. hat, der bleibe
ja daheim; wer jedoch ein freies, einfaches Leben, gewürzt durch Umgang mit
einigen gewählten Familien, vorzieht, gern arbeitet, dem wird es hier gefallen.
(
) Die meisten Auswanderer denken hier ohne Arbeit viel Geld zu gewinnen,
finden dies nicht, und fühlen nun sich bitter getäuscht und unglücklich.
Australische Politik gibt es wenig. Das Hauptgespräch bildet die wahrscheinlich
bald erfolgende Trennung Port Philipps von Neusüdwallis, so dass ersteres, als
für sich bestehende Provinz Englands, gleich Südaustralien, Van Diemensland
u.s.w., sich einen eignen Gouverneur wählen würde. Verschiedene Petitionen dafür
sind an das Parlament geschickt und mit Spannung sieht man der Entscheidung
entgegen. Ein nicht minder wichtiges, wenn auch nicht für Deutschland so interessantes
Gespräch, bilden hier die Wollpreise, denn vom Wollmarkt hängt das Wohl des
Landes ab.
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