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Deutsche Einwanderung in Australien - Materialien für Schüler/Studenten
1853 - ANDREAS KAISER
Andreas Kaiser kam im Februar 1850 auf der Pribislaw nach Melbourne.
In diesem Brief aus Melbourne an seinen Vater kritisiert Andreas den Militär-Dienst,
den sein Bruder in Deutschland machen muss. Er schreibt über die Wirkung der
sensationellen Goldfunde auf die Gesellschaft Victorias, und über die erste
deutsche Kirche in Melbourne. (Er schreibt an seinen Vater in der Sie-Form,
nicht du; das war damals ziemlich normal.)
Auszüge aus einem Brief
(Extracts from a letter)
Melbourne am 8ten Octbr 1853
Herzallerliebster Vater, Ihren mir sehr lieben Brief habe ich im Sebtbr. richtig
erhalten. (
) Lieber Vater, ich erwartete auch zugleich meinen lieben Bruder
George hier, der aber zurückgeblieben ist, und was Sie mir schreiben, dass er
wegen des Militärs nicht fort kann, und dass den Militär-Pflichtigen die Auswanderung
streng untersagt ist, ist freilich sehr traurig, und zu bedauern, dass Ihre
Regierung noch nicht so viel Verständnis hat, und bedenkt, ob Sie auch richtig
handelt oder nicht, in dem Sie das Volk von Ihrem Wohlgehen zurückhält. (
)
Ich sage, wehe den deutschen Regierungen, und Gott erbarme sich des deutschen
Volks. Ich wollte eben deswegen meinen Bruder bei mir haben, dass er aus der
Sklaverei gelöst werden sollte und hier als ein freier Mann leben unter der
englischen Regierung, die zwar auch sehr streng herrscht, aber nur wo sie Recht
dazu hat.
Lieber Vater, ich habe immer den Willen gehabt, diese Colonie zu verlassen und
nach einer anderen Colonie zu gehen, aber was ich mir jetzt aus den Gedanken
gesetzt habe. Ich habe nun endlich den Zweck gefasst, hier zu bleiben und habe
mir Land gekauft. 4 englische Meilen von Melbourne habe ich gekauft 2½ Acker,
wofür ich für jeden Acker 150 Pfund Sterling bezahlt habe, also zusammen 375
Pfund Sterling für 2½ Acker, und 10 englische Meilen von der Stadt habe ich
gekauft 20 Acker, für welche ich per Acker mit 19 Pfund Sterling bezahlt habe.
Lieber Vater, ich hätte freilich viel besser getan, wenn ich mir schon längst
Land gekauft hätte. Dann hätte ich viel billiger gekauft, es hat sich hier schon
viel verändert und das Land ist sehr teuer, vorzüglich um die Stadt Melbourne,
vor 2 Jahren konnte ich dasselbe Land für 15 Pfund Sterling einen Acker kaufen,
also hat das Land um die Stadt Melbourne jetzt höhere Preise als irgendwo in
der Welt, denn Tausende Menschen kommen hier alle Wochen an, aus allen Ländern
der Welt, um das edle Gold zu suchen. Dennoch lieber Vater ist hier noch schönes
Land genug aber immer weiter von der Stadt. (
) Ich bin noch ganz alleine
und mir Arbeiter zu halten ist auch schwer für mich, denn der allgemeine Lohn
für einen Arbeiter die Woche ist jetzt von 30 Schillinge auf 2 Pfund Sterling
nebst der Beköstigung gestiegen.
Lieber Vater, meine Beschäftigung ist jetzt Fuhrwerken, ich habe jetzt ein Fuhrwerk,
welches ich auch sehr teuer bezahlt habe, denn die Pferde sind hier sehr teuer.
Vorzüglich gute starke Zugpferde man kann unter 100 Pfund Sterling kein gutes
Pferd hier kaufen.
Lieber Vater, 2 Jahre war ich in den Goldminen beschäftigt, doch aber die Gold-Minen
sind jetzt nicht mehr so reich-haltig als wie sie gewesen sind. (
) Man
glaubt aber doch, neue Goldfelder hier zu entdecken. (
) Die Leute, die
jetzt hierher kommen von Amerika und Europa, Asien, Africka, die kommen alle
wegen des Goldes hierher, in dem viele Ihr großes Glück hier machen. (
)
Es ist mit großer Mühe und schwerer Arbeit verbunden, das Gold zu finden, in
dem man manchmal Wochen lang arbeiten kann, ehe man welches findet, doch man
kann auch auf einmal so viel finden, das einen auf viele Monate bezahlt, alles
das sind Glücksumstände. Viele werden reich dadurch, und viele kommen auch zu
Schaden. (
) Jetzt habe ich nicht den Willen, wieder nach den Goldminen
zu gehen, sondern will hier bei Melbourne an meinem Lande bleiben und will mich
hier niederlassen, ich will mir hier einen schönen Garten anbauen, und dann
will ich mich mit Fuhrwerk und Holzhandel einrichten.
Mein lieber Vater, nach langer Verzögerung hat sich hier eine Lutherisch-Evangelische
Gemeinde gebildet und jetzt (wird) hier die erste Deutsche Kirche gebaut. Die
Gemeinde ist eben so wie die anderen Lutherischen Gemeinden bei Adelaide. Unser
Herr Pastor ist ein liebevoller Mann. Sein Name ist Mathias Göthe, früherer
Professor der englischen Universität in Sydney. Deutsche sind zwar mehrere Tausende
hier, aber leider weniger, die von einer Kirche was wissen wollen.
...
Nun schließe ich meinen Brief mit dem großen Verlangen, eines von meinen Geschwistern
hier zu erwarten. Ich verspreche ihnen besseres Fortkommen als zu Hause. Tausendmal
wohl zu leben wünscht Ihr treuer Sohn. A. Kaiser.
(Handwriting transcribed by Tom Darragh, spelling and expression edited by Dave Nutting)
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