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Sammlung von Primärquellen
 

Deutsche Einwanderung in Australien - Materialien für Schüler/Studenten

1854 - HANS FRIEDRICH FRIEDRICHSEN

Bis 1866 gehörten die deutschsprachigen Gebiete Südschleswig und Holstein im Norden Deutschlands zum dänischen Königreich. Nach der misslungenen Schleswig-Holsteinischen Erhebung 1850 wanderten viele junge Männer aus Nordfriesland aus, um dem dänischen Militärdienst zu entgehen. Hans Friedrich Friedrichsen reiste am 10. Juni 1854 auf einem Segelschiff in 118 Tagen nach Australien. Dort war er 10 Jahre lang Goldgräber, bis er 1864 in seine Heimat zurückkehrte. Hier folgen Auszüge aus seinen Briefen an seine Eltern und seinen Bruder.

Auszüge aus Briefen
(Extracts from letters)

| Die Schiffsreise | Über Melbourne | Auf den Goldfeldern | Alltagsleben des „Diggers“ |


Bendigo, den 20. Juli 1857

Lieber Bruder

Unser Haus, Zelt genannt, ist von Leinwand, 8 Fuß breit, 10 Fuß lang und 8 Fuß hoch. Auf jeder Seite steht ein Bett, in der Mitte ein Tisch und vorne ein Schornstein mit Feuerherd. Vorne und hinten liegt ein Kettenhund. Hier wohnen wir mit 2 Mann, ein Altonaer* und ich. Unser Bett ist einfach. Man schlägt 4 Pfähle in die Erde, holt sich 2 Stangen aus dem Busch, zieht 2 Säcke darüber oder nagelt einen darauf, nagelt eine Leiste auf beiden Enden über, legt dieses auf die 4 Pfähle oder Porken und die Bettstelle ist fertig. Unser Bettzeug besteht in Decken, wie beim Militär. Hierauf schläft es sich ebenso schön, wie in Federbetten. Unser Kochgeschirr besteht in einer Bratpfanne und einigen blechernen Kessels.

GefäIlt es uns nun nicht länger auf einem Platz oder bricht ein neuer Rush aus oder gar ein neues Goldfeld, dann schnürt man sein Zelt und Bett zusammen und geht fort. Kommt man auf dem neuen Platz an, dann wird Holz aus dem Busch geholt und in einem Tag steht das Haus, Bett und Tisch wieder fix und fertig da. Unser Haus bauen wir selbst auf, Koch- und Waschfrau spielen wir auch selbst und sind die Kleider zerrissen, dann müssen wir sie selbst wieder flicken. Dieses bleibt aber gewöhnlich, wir tragen sie so lange als es geht und dann werden neue gekauft. Die sind hier fast ebenso billig wie bei Euch.

Die mehrste Zeit wohnen mehrere Deutsche beisammen. Abends wird in ein Zelt gegangen und dann werden sich Geschichten aus der Vorzeit erzählt. Dieses, lieber Bruder, ist ein ganz freies Leben. Morgens stehen wir auf, wenn es uns gefäIlt und abends gehen wir ins Bett, wenn wir wollen. Uhr haben wir gar nicht und man trifft selten eine Uhr bei den Goldminers. Keiner bekümmert sich um unsere Arbeit und keiner treibt uns an zur Arbeit, d. h. wenn wir keinem zu nahe kommen.

Das, was wir zum Lebensunterhalt gebrauchen, machen wir leicht. Damit sind wir jedoch nicht zufrieden, und so werden größere Spekulations gemacht, manches Mal arbeitet man ein halbes Jahr und setzt Geld zu. Einige machen in kurzer Zelt so viel, dass sie ein bedeutendes Vermögen haben. Andere spekulieren und riskieren, arbeiten Jahr aus Jahr ein und können nicht weiter als sie sind. Was die eine Zeit gemacht wird, wird die andere wieder zugesetzt. Dabei sind aber alle in der Hoffnung, ihr Glück zu machen und haben auch alle die Aussicht, mal auf einen reichen Platz zu kommen. Unser Handwerk beruht ganz auf Glück. Einer hat nun mehr Glück als der andere, Klugheit und Wissenschaft sind Nebensachen. lch habe dieses Handwerk nun ununterbrochen betrieben seit der Zeit, dass ich den ersten Brief schrieb, jedoch mit wenig Erfolg. Über 2 Jahre war ich schon in der Colonie und hatte nicht viel mehr Geld, als da ich hier ankam. Einmal ist mir der Geldbeutel auch ganz leer gewesen. Die letzten 6 Monate haben mich jedoch bezahlt. lch habe in diesen 6 Monaten 200 P Strlg erobert, nach deutschem Gelde 3300 M Courant.

Möchte Euch dieser Brief bei guter Gesundheit und in bestem Wohlergehen antreffen.
Dieses wünscht von Herzen Dein Dich liebender Bruder
Hans Fr. Friedrichsen

N.B. Adressiere künftig meine Briefe:

Mr. Hans Fr. Friedrichsen
Ads. Post Office Sandhurst
Australien

Verändere oder vergesse keinen von den Buchstaben


(Text freundlicherweise von Magnus Feddersen in Schleswig-Holstein zur Verfügung gestellt. Hans Friedrich Friedrichsen war sein Urgroßvater.)

* Altonaer = ein Mann aus Altona, heute ein Hamburger Stadtteil

Im Jahre 1859 arbeitete Hans Friedrich Friedrichsen mit drei Kameraden an einem Claim. Er war mit einem Kameraden unten im Schacht, als sie einen schlimmen Unfall hatten. Sein Kamerad war tot, und Hans Friedrich hatte einen Beinbruch und eine Rückenverletzung. Er wurde auf einem Wagen geladen und zum Krankenhaus in Maryborough gebracht. Dort musste er 7 Wochen bleiben und „hatte mehrere Besuche jeden Tag von den Deutschen“.


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