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Sammlung von Primärquellen
 

Deutsche Einwanderung in Australien - Materialien für Schüler/Studenten

1849 - JOHANN PETER FRAUENFELDER

Johann Peter Frauenfelder (48 Jahre alt, Weinbauer) und seine Frau Margaretha (42, Schuhmacherin), arbeiteten auf einer Farm namens Kyeamba im Süden von NSW. Später zog er mit Sebastian Schubach und Heinrich Rau in die kleine Stadt Albury, wo sie 1851 die ersten Weinreben pflanzten. Dieser Brief hatte das Ergebnis, dass innerhalb von ein paar Jahren etwa 65 Verwandte von Frauenfelder nach Australien einwanderten.

Auszüge aus einem Brief
(Extracts from a letter)


Image: Brief

Kyamba /:sprich Keiamba:/
den 24. Juni 1849
/: 340 Englische Meil /: 3 sind eine Stund :/
von Sydney :/

Liebe Mutter!

Geliebte Brüder, Schwester, Schwäger, Eure Kinder, Ihr Anverwandten, Freunde und alle, die mich kennen und lieben:

Herzlichen Gruss von mir, meiner Frau, und von meinen Kindern allen! Wir wünschen, dass Euch mein Schreiben so gesund und bei Leben antreffe, wie es uns verlassen hat.

Am 6. morgens kamen alle Emigranten zusammen, wir waren 48 deutsche Familien mit 162 Seelen, 40 Allgemeine und 18 vornehme Engländer, nebst 30 Seeleuten, nämliche Kapitän Strube, ein 50jähriger rüstiger, freundlicher, guter Mann, sprach gut deutsch, ein deutscher Doktor aus Braunschweig, 23 Jahre alt und ein guter geschickter Mann, der auch sagte, dass er in Australien bleiben werde.

Am 4. Februar waren wir im 16. Grad südlicher Breite und im 350. Grad westlicher Länge in der Gegend von der Insel St. Helena, jedoch 1000 englische Meilen rechts, da feierten wir ein hochfeierliches Fest, an einem schönen Sonntag nämlich. (…) Nach dem Gottesdienst um 10 Uhr begaben sich zehn paar ledige Personen auf das Verdeck, vor die Kajüte des Herrn Kapitän, um das heilige Band der Ehe zu empfangen; der Herr Kapitän las sämtlichen 10 Brautpaaren die Pflichten des Ehestandes vor, danach rief er jedes einzelne Paar vor den Tisch, der mit dem rot und weißen Kreuz gedeckten Schiffswappen versehen war, fragte die Braut, ob sie keinen Einwand habe und ob sie das vorher vorgelesene alles wohl verstanden habe, nach dem Ja, fragte er den Bräutigam dasselbe, und ob er die vorgeführte Katharina usw zur Ehefrau haben wolle, ob er ihr in kranken und gesunden Tagen beistehen wolle, wenn sie reich oder arm, besser oder schlechter wird, sie allein liebe und keine andere lieben wolle. – Dann wurde die Braut dasselbe gefragt, dann fragt er die Braut, ob sie einen Trauring habe? – War einer vorhanden, so gab der Kapitän denselben dem Bräutigam, um ihn der Braut an den Finger zu stecken und folgende Worte nachzusagen: „So wahr ich Dir diesen Ring an die Hand stecke, so wahr will ich Dich von heute an als meine Frau erkennen, Dich zu lieben, bis dass der Tod uns scheidet.“ – Dann gaben sie einander die rechte Hand. Der Kapitän gab den Segen des himmlischen Vaters dazu und die Worte im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Ein weiteres Paar wollte sich auch trauen lassen, wurde aber nicht zugelassen, der Bräutigam hatte 8 Tage vorher seine Braut geschlagen, und misshandelt, weshalb er vom Herrn Kapitän mit der Faust gestoßen und geschlagen wurde, und hieß ihn einen Schweinigel, und wenn er es noch einmal begehe, so werde er ihn nicht nach Australien nehmen, sondern auf eine Insel, wo nur Schweine sind, absetzten. Jedoch er besserte sich und 15 Tage später, am 18. Februar, wurden sie getraut und zugleich ihr Söhnlein getauft.

Nachdem alle 10 Paare einzeln getraut waren, wurden 2 Kinder zur Taufe gebracht, der Kapitän hatte einen silbernen, sehr kostbaren Becher mit Quellwasser vor sich stehen, die Eltern brachten ihre Kinder selbst, ohne Paten. (…) Nach beendigter Taufe, erhielt jedes Brautpaar und die Eltern der getauften Kinder eine Flasche guten roten Wein von Madeira, und einen Kuchen. Nach dem Essen spielten unsere 4 Musikanten auf dem Verdeck. Da tanzte alt und jung, es war der größte Freudentag, den wir auf der ganzen Fahrt erlebten. Alle Passagiere und Matrosen nahmen Anteil daran.

Donnerstag abend am 29. März liefen wir in die Bass-Straße, da ist rechts die Insel Vandiemensland (Tasmania), so groß wie das ganze Königreich Baiern (Bayern). Dorthin verschifft gegenwärtig England seine Verbrecher. Links liegt Neu-Holland. Abends um halb elf sahen wir einen Leuchtturm von Port Philipp, wo die Stadt Mellborne liegt, in Australien. Um vier Uhr abends sahen wir Berge von der Insel Vandiemensland; das Land verschwand wieder vor unseren Augen, nur von ferne sahen wir einige große Felsen aus der See hervorragen. Wir hatten hier die gefahrvollste Nacht vor uns, denn sollte es Sturm geben, so kann hier leicht an einem Felsen ein Unglück geschehen, diese Nacht ging unser Kapitän nicht vom Verdeck.

Mittwoch, am 4. April morgens um 6 Uhr, nach sehr guter Fahrt in dieser Nacht, sahen wir links eine lange Reihe von Bergen mit 15 Grad Wärme. Dies sollte eigentlich unsere letzte Station sein.

Da krabbelte alles auf das Verdeck, was Beine hatte, Land, Land! Alles schrie Land! Sydney, Sydney! Sydney komm raus! Um 7 Uhr sahen wir in einer Entfernung von drei Stunden den Leuchtturm am Port Jackson, denn so heißt der Eingang (die Einfahrt) nach Sydney, denn dieselbe liegt drei Meilen zurück, denn die See schlängelt sich so breit als der Rheinfluss bald links, bald rechts, zwischen Bergen von 60 Fuss Höhe, wie durch ein Tal in die Stadt; um 11 Uhr bei sanftem Wind am Leuchtturm, durch den Port mussten wir zehn mal kreuzen, das heißt bald links, bald rechts, denn der Wind kam gegen uns, und um 12 Uhr mittags, den 4. April am Mittwoch vor Gründonnerstag (der Donnerstag vor Ostern), nachdem wir 109 Tage von London abgesegelt waren, rasselte der mit seiner 500 Fuss langen und armdicken Kette 50 Zentner schwere Anker in den 50 Fuss tiefen Hafen vor Sydney, der herrlichen Hauptstadt von dem jungen Weltteil Australien mit 40.000 Einwohnern.

Am Karfreitag kamen viele Deutsche zu uns und auf das Schiff und freuten sich, dass wir hier sind, sie sind alle gut und schön gekleidet, und sehen alle gut aus. – Es sind welche von Frankfurt, Koblenz, Leipzig, Freyburg (Freiburg), Oestreich (Österreich), und allen deutschen Ländern hier anzutreffen, viele Herren und Frauen von der Stadt und vom Land kamen und fragten nach Arbeitern und Dienstmädchen, denn die deutschen Leute sind sehr geliebt wegen ihres Fleißes.

Endlich am 6. Mai gegen abend kamen wir in Kyamba an, nachdem wir 26 Nächte unter einem Karren schliefen, welcher bei Nacht zugedeckt wurde mit einem großen Segeltuch. Wir waren 14 Deutsche und 4 Begleiter.

Es sind in diesem Bezirk mehrere Höfe angelegt, und es leben höchstens 200 Menschen, und es ist doch 50 deutsche Quadratmeilen groß! wo, wenn es wie Deutschland angesiedelt wäre, 200 000 Menschen leben würden.

Liebe Mutter, Brüder, Schwestern und Schwäger! Wenn Ihr nicht so engherzig sein wollt, die weite Reise zu unternehmen, so kommt hierher. Es ist zwar eine lange Reise und kostet viel Geld, aber man hat auch viel Vergnügen dabei, und ist man einmal hier, so hat man alles vergessen, es ist mir wie ein Traum.

Wenn Einwanderer hier in dieses Land kommen und viele Kinder haben, so sagt niemand, der mit seinem Bettelhaufen wird bald der Gemeinde zur Last fallen; hier ist Freude über einen Familienvater, der viele Kinder hat. Diese sind als klein, leicht zu ernähren und als groß können sie arbeiten, viel Nutzen bringen, haben Brot und guten Verdienst und die Plackerei (harte Arbeit) mit dem vielen Tag und Nacht arbeiten, wie in Deutschland, ist nicht gebräuchlich.

Vorige Woche kam ein Herr zu uns Deutschen, der sprach deutsch, und wurde von der Regierung zu allen eingewanderten Deutschen geschickt, um nachzusehen, ob sie Angelegenheiten oder Wünsche hätten.

Seht, vielgeliebte Freunde! So nimmt sich die Regierung der Deutschen an; - wer sieht in Deutschland nach einem neuen Angesiedelten? Niemand als der Gemeindediener, Polizeidiener und die Gendarmen sehen auch ein bisschen nach, ob der Mann da sein Licht gut aufbewahrt, und einen blechernen Schornstein auf der Laterne hat, und sonst was so Kleinigkeiten sind, denn der Mann in dem neuen Hof kann nicht alles im Sinn behalten, da kommen Leute und müssen nachsehen.

Nehmet verlieb mit diesem Schreiben und schreibet mir auch bald etwas von Deutschland; indem ich verbleibe Euer treuer Sohn, Bruder Schwager und Vetter

Joh. Peter Frauenfelder

 


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