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Sammlung von Primärquellen
 

Deutsche Einwanderung in Australien - Materialien für Schüler/Studenten

1913 - Oberleutnant zur See Breithaupt

Das deutsche Marine-Schiff S.M.S. „Planet“ besuchte australische Häfen im Jahre 1913. Oberleutnant zur See Breithaupt, Offizier auf der „Planet“, schrieb für seine Vorgesetzten einen Bericht über die Deutsch-Australier im Albury-Distrikt, wo er vierzehn Tage lang bei einem deutschen Farmer war. Hier Auszüge aus seinem Bericht.


Bericht über das Deutschtum im Albury-Distrikt.

Einer Aufforderung folgend, hatten Oberleutnant zur See Hespe und ich die Einladung eines deutsch-australischen Farmers Schilg nach Orelda angenommen.

Orelda liegt an der Bahn von Calcurn nach Corowa, 30 Meilen von Albury (Neu-Süd-Wales) entfernt, unweit der Grenze von Victoria. In diesem Bezirk wohnt eine große Anzahl deutscher Farmer, die sich durch Fleiß und Gewissenhaftigkeit zu Wohlstand emporgearbeitet haben und sich großen Ansehens erfreuen.

Die deutschen Siedler stammen meist aus Süd-Australien, wohin ihre Eltern beziehungsweise Großeltern von Deutschland ausgewandert sind.

Für die Deutschen ist die Religiosität Herzensbedürfnis, der regelmäßige Kirchenbesuch und Beteiligung an kirchlichen Veranstaltungen gilt ihnen als selbstverständlich. Die Pastoren werden durch freiwillige Abgaben der Farmer bezahlt, so erhält zum Beispiel ein Pfarrer pro Jahr außer Stallgebühren, Holz, Hecksel und freier Wohnung £100 Gehalt.

In den sechziger Jahren wanderten einzelne Familien nach Victoria und Neu-Süd-Wales aus, wo sie heute in Wohlstand leben; Orelda gehört zu dieser Zweigsiedlung.

Prachtvolle alte Leute haben mir mit Bedauern gesagt, es sei heute sehr schwer für sie, mit den Kindern Deutsch zu reden, da in der Schule Englisch gesprochen werde und die Geschäftssprache nun einmal Englisch sei. Ich habe aber Familien kennengelernt, wo die kleinen Kinder überhaupt nur Deutsch verstanden. Unvergesslich wird mir das alte Ehepaar Wettern bleiben. Er ist circa 90 Jahre alt, kann kaum noch sprechen. (…) Seine ganze Familie, bis hinab zu den Urenkeln, sprachen reines Deutsch.

Überall habe ich viel Verständnis gefunden für unsere modernen Ideen, vor allem für unsere koloniale Politik. Merkwürdig war die Ansicht, der ich verschiedentlich begegnete, dass es für Deutschland nur eine Frage der Zeit sein könne, Teile Australiens zu annektieren. So deutsch die Gesinnung dieser Leute auch ist, in erster Linie wollen sie heute Australier sein. „Wir fühlen uns wohl hier, weil wir unsere neue Heimat lieb haben und ihr unseren Wohlstand verdanken“, so hörte ich sie sagen. Sie sind auch heute so sehr an Freiheit gewöhnt, daß sie sich in die engeren deutschen Verhältnisse kaum einleben könnten. Von der Wohlhabenheit dieser Farmer erhielt ich einen Begriff, als ich nach einem Gottesdienst 8 große erstklassige Automobile vor der Kirche stehen sah, alle deutschen Farmern gehörig. (…) Nur ein geringer Teil dieser Menschen hat je die alte Heimat wieder gesehen – aber ein stilles Sehnen danach haben sie alle.

Der Kandidat für das Federal-Parliament – Mr Patten – sagte mir: „Schicken Sie uns so viele deutsche Bauern, als sie können, wir wollen sie mit offenen Armen aufnehmen. Bessere Siedler können wir gar nicht bekommen.“

Ich habe mich während meines vierzehntägigen Aufenthaltes unter diesen prachtvollen Menschen in jeder Weise wohl gefühlt und nehme den entschiedenen Eindruck mit, dass hier in Neu-Süd-Wales Deutsche wohnen, die gute australische Untertanen sind, denen aber das deutsche Heimatgefühl so bald nicht verloren gehen wird.

Breithaupt,
Oberleutnant zur See

 

(Bundesarchiv-Militärarchiv, Freiburg i.B.)


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