Geheimer deutscher Bericht kritisiert Konsul Muecke in Adelaide, Australien

Geheimer deutscher Bericht
kritisiert Konsul Muecke

Das deutsche Kriegsschiff S.M.S. „Planet“ besuchte im April und Mai 1913 einige australische Häfen, und der Kapitän schrieb einen geheimen militärpolitischen Bericht über den Aufenthalt. Die Anredeform Eure Majestät meint den Kaiser. Er war der oberste Vorgesetzte und hat diese Berichte vielleicht selbst gelesen. Der Kapitän der „Planet“ war von Adelaides deutschem Konsul Hugo Muecke nicht sehr beeindruckt:

Der deutsche Konsul Muecke ist ein alter Mann, der meines Erachtens den Anforderungen, die an einen deutschen Konsul gestellt werden müssen, wenigstens in Bezug auf Vertretung des Deutschtums nach außenhin, kaum mehr gewachsen ist. Er legt anscheinend wenig Wert darauf, sich eine angesehene Stellung unter den Deutschen zu verschaffen, es fehlt ihm auch die moralische Würde, seine deutsche Gesinnung mit Nachdruck zu vertreten.

Die Art und Weise, wie das fünfundzwanzigjährige Regierungsjubiläum Eurer Majestät festlich begangen wurde, gibt mir Veranlassung, eine ausführliche Schilderung zu geben.

Die patriotische Feier fand am Abend in einem öffentlichen Lokale statt. Der Konsul hatte ausdrucklich um das Erscheinen der Offiziere in Uniform gebeten, in der Zeitung war die Teilnahme der Offiziere angekündigt worden. Der Saal war festlich mit Flaggen und Guirlanden geschmückt, die Zahl der Teilnehmer wurde auf circa 400-500 geschätzt. Ein Teil der Herren trug zum Zeichen ihrer radikal demokratischen Gesinnung (?) ein breites rotes Band, das unter der Weste sichtbar hervortrat. (…) Der Konsul las (…) eine Festrede ab, die in jeder Weise sehr vorsichtig gehalten war. Eurer Majestät wurde zwar auch gedacht insofern als Muecke einen kurzen Auszug aus einer Zeitung wiedergab, aber die großen Ereignisse in Deutschlands Entwicklung während der letzten fünfundzwanzig Jahre wurden nicht berührt. Indem er die Deutschen zur Pflege der deutschen Sprache ermahnte – was sehr sonderbar wirken musste, da allgemein bekannt ist, dass außer dem Konsul kein Mitglied der Familie Muecke Deutsch spricht – schloss der Konsul seine Rede mit der Betrachtung, dass die deutsche Hausfrau in erster Linie dazu berufen sei, die Kindererziehung in deutschem Sinne zu leiten. Lauter Beifall lohnte ihn von allen Seiten.

Ein Hoch auf Euer Majestät war nicht ausgebracht worden. Wie mir glaubhaft berichtet worden ist, war dies Absicht, denn in den Vorstandssitzungen des deutschen Vereins war man übereingekommen, das Hoch auf Euer Majestät zu unterlassen. Der Grund dafür ist mir unbekannt geblieben.

Die Offiziere und mit ihnen mehrere deutsche Herren waren entrüstet über diese wenig patriotische Art und Weise, Eurer Majestät zu gedenken.

Die Offiziere gingen schon eine Stunde vor Schluss des Festes, nach etwa zweistündiger Anwesenheit, fort. Wie ich am nächsten Tag erfuhr, ist mitten aus der Versammlung, bei Beendigung der Feier, als der Konsul bereits den Saal verlassen hatte, ein spontanes Hoch auf Euer Majestät ausgebracht und die Nationalhymne gesungen worden.

Ich berichte besonders deswegen ausführlich über den Verlauf dieser Feier, um die Persönlichkeit des deutschen Konsuls sowohl wie den Geist, der in dem allgemeinen Verein in Adelaide herrscht, zu kennzeichnen.