Logo: zur Leitseite Chronologie Themen Schüler Site-Übersicht in English

Deutschsprachige in Australien

Bewunderung für Pastor Kavels Auswanderer im Hamburger Hafen

Der Bericht erschien am Freitag den 6. Juli 1838 in Privilegirte wöchentliche gemeinnützige Nachrichten von und für Hamburg Nr 159. Der Autor war der Hamburger Senator Hieronymus Hudtwalcker. „Crescens“ war sein Pseudonym. Später erschien der Bericht auch in der Allgemeinen Zeitung von Augsburg.

(Trennungslinie)

„Als ich an einem dieser schönen Abende über den Stadtdeich ging, vernahm ich aus dem Oberhafen, eben außerhalb des Baums, einen wohlklingenden geistlichen Gesang von vielen Männer- und Frauenstimmen. Da schon seit vielen Jahren aus unsern Häfen solche Töne nicht mehr erklingen, ward ich neugierig und ließ mich hinrudern. Ich fand vier große Oderkähne, die von Männern, Frauen und Kindern wimmelten.

Ich erfuhr Folgendes. Diese Leute, an 400 Köpfe stark, wären aus Klemzig bei Züllichau und aus einigen umliegenden Dörfern, sie wären Lutheraner, und wollten ihres Glaubens wegen nach Südaustralien, einer neuen englischen Kolonie, auswandern. Wie, dachte ich, Lutheraner, die aus Preußen, aus dem protestantischen, aufgeklärten Preußen ihres Glaubens wegen auswandern müssen? Das muss einen besondern Zusammenhang haben. Gewiss sind es Mucker, von denen man so viel hört, oder sonstige Mystiker und Fanatiker.

Ich besah daher ihre Schiffe und ließ mich mit ihnen ins Gespräch ein. Die größte Reinlichkeit und Ordnung herrschte auf den Fahrzeugen, obgleich sie fast überfüllt waren, und dem entsprach die Freundlichkeit und Heiterkeit der Gesichter. Von einigen Männern, die mir als Vorsteher bezeichnet wurden, erfuhr ich folgendes: sie hätten sich anfangs, weil sie die Sache nicht verstanden, bereden lassen, der Union mit den Reformirten beizutreten, nachher aber sich überzeugt, dass deren Lehre vom Abendmahl der Schrift nicht gemäß sei. Deshalb habe es sie gereut und ihr Prediger habe nun auch die neue Agende nicht annehmen wollen. Er sei endlich abgesetzt worden, und befinde sich schon seit zwei Jahren in London, wo er einstweilen im Hafen auf deutschen Schiffen Gottesdienst halte, aber er werde nun mit ihnen nach Südaustralien gehen und dort wieder ihr Seelsorger werden. Die 73-jährige Mutter desselben sei bei ihnen und wandere mit aus. Sie hätten nun freilich, weil sie einen unierten Prediger nicht anerkennen könnten, angefangen, ihre Kinder selbst zu taufen und das Abendmahl mit einander zu feiern, aber sie wären in keinem Stücke von der Lehre der lutherischen Kirche abgewichen.

Da seien denn die Behörden eingeschritten, und hätten ihnen das bei Strafe verboten, und als sie nicht gehorcht, die angedrohten Strafen auch vollzogen. Eine Frau erzählte, sie habe viermal deshalb im Gefängnis gesessen. Endlich hätten sie die Erlaubniss erhalten, auszuwandern, und nun voriges Jahr Alles zu Geld gemacht, und schon Fahrzeuge gemiethet, um hierher zu kommen. Da sei die Erlaubniss wieder zurückgenommen worden. So hätten sie viel Ungemach ausgestanden, aber sie hofften nun am Ziele zu sein.

Verloren in Betrachtungen über die seltsamen Contraste unserer Zeit, wie dasselbe Land, das auswandernde Protestanten aus Tyrol aufnimmt, seine doch auch protestantischen Söhne ausstößt, und ob wohl der wahrhaft fromme und gottesfürchtige König von Preußen den eigentlichen Zusammenhang dieser Sache kenne, forschte ich nach, wie sich denn die Leute auf ihren Schiffen betrügen, da sie schon einige Wochen hier liegen. Musterhaft, hörte ich von allen Seiten. Keinen Streit, keine Flüche hört man auf diesen Kähnen. Morgens und Abends halten sie ihre Andacht, mit Gesang und Verlesung eines Gebetes. Es sammeln sich immer Boote um sie herum, mit Leuten, die ihnen zuhören. Anfangs wollte dieser oder jener seinen Spott darüber haben, doch hat das keinen Bestand gehabt; die Neugierde hat der Theilnahme und dem Wohlwollen Platz gemacht.

Ich fuhr ans Land, den armen Klemzigern von Herzen glückliche Reise und eine neue Heimath wünschend, wo sie Gott nach ihrer Weise ungestört verehren können!“

Crescens“

Aus: Lodewyckx, Prof. Dr. A. 1932. Die Deutschen in Australien. Ausland und Heimat Verlagsaktiengesellschaft, Stuttgart. S.38-39

[This page in English]


| Oben | Zurück | Chronologie | Themen | Schüler | Site-Übersicht | in English |
| Primärquellen | Bibliographie | Suche |
German Australia © D. Nutting 2001